FamilienlebenPapa-Alltag im FamilienchaosDer erste Elternabend – und mein Gesicht dabei

Der erste Elternabend – und mein Gesicht dabei

Ein ehrlicher Papa-Artikel über stille Minuten, viele Fragen und die Kunst, nicht der Erste zu sein, der etwas sagt

Es fing eigentlich ganz harmlos an. Ein Zettel im Kita-Rucksack, leicht zerknittert, mit Filzstift unterschrieben: „Einladung zum ersten Elternabend – bitte zahlreich erscheinen!“ Und da stand ich nun. Oder besser: saß ich. Zwischen fremden Gesichtern, auf einem viel zu kleinen Stuhl, mit verschwitzten Händen und dem leisen Gefühl, gleich irgendetwas total Falsches zu sagen.

Ich weiß nicht, wie’s dir geht – aber Elternabende haben für mich von Anfang an etwas Bedrohliches gehabt. Nicht, weil ich die Erzieherin nicht mochte oder Angst hatte, mein Kind wäre das eine, das immer die Bauklötze wirft. Sondern weil ich in solchen Runden automatisch in den „Was zur Hölle mach ich hier?“-Modus falle. Und das Gesicht dazu? Eine Mischung aus höflichem Interesse und innerer Flucht.

Die Anfahrt – oder: Warum ich zehn Minuten zu früh war

Meine Frau meinte noch: „Sei pünktlich, aber nicht zu pünktlich.“ Ich nickte, wollte souverän wirken – und stand dann trotzdem zehn Minuten zu früh auf dem Parkplatz. Allein. Mit einem halben Müsliriegel im Auto, weil das Abendbrot zu Hause nicht ganz gereicht hatte. Ich scrollte durch mein Handy, versuchte, mich nicht wie ein Schüler vorm Elterngespräch zu fühlen, und stieg dann aus, als ich das erste bekannte Gesicht sah.


Im Flur roch es nach Waschmittel und Bastelkleber. Ich liebe diesen Geruch – zu Hause. Hier wirkte er plötzlich wie ein Trigger für „Jetzt bist du wieder der Neue“. Ich folgte den anderen, betrat den Gruppenraum, nahm auf einem der Mini-Stühlchen Platz und versuchte, so zu sitzen, dass mein Rücken das mitmacht, aber mein Ego nicht zu sehr auffällt.

Während ich da so saß, beobachtete ich die Wände. Fingerfarbenkunstwerke, Namenslisten, Fotos vom letzten Ausflug. Und plötzlich fühlte ich mich klein – wie damals bei meinem ersten Schultag. Alles war neu. Und irgendwie war ich mittendrin, ohne zu wissen, ob ich dazugehören sollte oder nur Zuschauer war.

Die Sitzordnung des Schreckens

Du kennst das: Niemand setzt sich in die erste Reihe. Alle streben nach hinten, aber nicht zu weit, um nicht unhöflich zu wirken. Und ich, der Typ, der keine Ahnung hat, wohin mit sich, landet mittendrin. Zu meiner Rechten eine Mama mit dicker Mappe, die aussah, als hätte sie das Protokoll schon geschrieben. Links ein Papa mit Kaffeebecher und dem Blick: „Lass mich einfach durchkommen.“ Ich fühlte mich gut aufgehoben.

Was mich besonders verunsicherte: Alle wirkten so vorbereitet. Ich hatte keinen Zettel, keinen Stift, nicht mal eine Idee, worum es eigentlich gehen würde. In meinem Kopf herrschte Leere. Ich hoffte einfach, dass mein Name korrekt ausgesprochen wurde und mein Kind heute keine Sandburgen auf andere Kinder gebaut hatte.

Vorstellung à la Selbsthilfegruppe

Die Erzieherin, nennen wir sie Frau L., begrüßte uns herzlich. Sie hatte eine angenehm ruhige Stimme, ein bisschen wie meine Lieblingslehrerin in der Grundschule. Dann kam der gefürchtete Satz: „Vielleicht stellt sich jeder kurz vor.“

Kurz. Klar. Ich lauschte den ersten Eltern. Namen, Kind, Beruf, Lieblingsfarbe. Okay, letzteres nur gefühlt. Dann war ich dran. Ich stand auf. Falsch. Alle anderen blieben sitzen. Ich setzte mich wieder. „Äh, hallo, ich bin Tim. Papa von Mia. Ich arbeite… irgendwas mit Medien. Und äh… ja, schön hier zu sein.“

Stille. Dann ein Lächeln von Frau L. „Schön, dass Sie da sind.“

Ich hatte’s geschafft. Mein Gesicht glühte. Mein Gehirn schickte Glückshormone. Ich setzte mich tief in den Stuhl und beschloss, für die nächsten 20 Minuten einfach nichts mehr zu sagen. Aber innerlich arbeitete es: Habe ich jetzt zu wenig gesagt? Oder zu viel? Wirkte ich desinteressiert oder zu bemüht? Der innere Kritiker ging in Schichtbetrieb.

Themen, die mir vorher keiner gesagt hat

Jetzt wurde es inhaltlich. Frau L. sprach über den Alltag in der Kita. Über das Obstfrühstück, das Patenkonzept, über den „sozial-emotionalen Kompetenzaufbau“ – ein Begriff, der gleichzeitig wichtig und rätselhaft klingt. Ich versuchte, aufmerksam zu sein. Aber während ich nickte, dachte ich an die Brotdose von heute früh. Ob ich den Apfel zu dick geschnitten hatte? War der Joghurt bio? Und hätte ich den kleinen Löffel nicht doch mitgeben sollen?

Dann kam der Elternbeirat. Ein Wort wie aus einem Paralleluniversum. Ich hörte das Summen der Spannung im Raum. Niemand wollte es werden. Niemand wollte gefragt werden. Alle starrten angestrengt auf ihre Unterlagen, ihre Knie oder das Plakat an der Wand mit der Aufschrift „Unsere kleine Welt“.

Dann der Satz: „Hat jemand Interesse?“

Stille. Mein Gesicht erstarrte. Ich schwöre, ich habe in diesem Moment die Luft angehalten. Ein Vater meldete sich. Er wurde umgehend zum Helden des Abends. Ich hätte ihn umarmen können. Stattdessen nickte ich ihm voller Anerkennung zu und machte mir innerlich einen Vermerk: beim nächsten Mal vielleicht vorher verschwinden.

Die Elternfragen – und was ich mich nicht zu fragen traute

Dann war Fragerunde. Die Mappe-Mama neben mir hatte natürlich Fragen. Viele. Sehr konkrete. Ich war beeindruckt. Und ein bisschen beschämt. Ich fragte mich, ob es okay ist, dass ich keine Frage hatte. Nicht, weil mich nichts interessiert – sondern weil ich bei so etwas immer das Gefühl habe, meine Frage ist zu blöd, zu unwichtig oder schon längst beantwortet.

Ich überlegte, ob ich fragen sollte, wie oft die Kinder draußen spielen. Oder wie das mit dem Mittagsschlaf gehandhabt wird. Dann kam mir die Idee mit der Schuhschublade. Ich ließ es. Stattdessen nickte ich weiterhin freundlich, versuchte, Interesse zu signalisieren, ohne mich in etwas reinziehen zu lassen.

Ein Vater fragte nach dem Umgang mit Konflikten unter Kindern. Eine wichtige Frage. Die Erzieherin antwortete ruhig und souverän, sprach von „altersgerechter Konfliktlösung“ und „Begleitung durch pädagogische Fachkräfte“. Ich versuchte, mir das zu merken, kam aber gedanklich wieder bei der Frage an, ob meine Tochter wohl zu denen gehört, die Konflikte beginnen oder beenden. Oder einfach beide.

Die große Erkenntnis am Ende

Nach einer Stunde war der Spuk vorbei. Frau L. bedankte sich, wir klatschten – ehrlich gesagt weiß ich nicht mehr, warum – und standen langsam auf. Ich streckte mich unauffällig, versuchte, meine Beine wieder in ihre natürliche Form zu bringen, und schob den Stuhl zurück unter den Tisch.

Beim Rausgehen nickte ich ein paar Eltern zu, kam mit einem Papa kurz ins Gespräch über die Parkplatzsituation (Klassiker) und merkte: Hey, vielleicht bin ich doch nicht so fehl am Platz, wie ich dachte.

Auf dem Heimweg dachte ich nach. Über diesen seltsamen Mix aus Schulzeitgefühlen, Gruppendynamik und elterlicher Verantwortung. Und ich merkte: So albern mir mein Gesicht während des Abends manchmal vorkam – es war okay. Ich war da. Ich hatte zugehört. Ich hatte nicht den Raum gesprengt. Und beim nächsten Mal weiß ich: Niemand weiß so richtig, was er da macht. Wir sind alle irgendwie neu. Und das ist völlig in Ordnung.

Zuhause erzählte ich meiner Frau von allem – ehrlich, überfordert, stolz. Und sie lachte herzlich, drückte mir ein Bier in die Hand und sagte: „Willkommen im echten Elternleben.“

Fazit: Elternabende – ein Abenteuer mit Mini-Stuhl und Maximalgefühl

Wenn du das nächste Mal zu deinem ersten Elternabend gehst – entspann dich. Nimm einen Keks mit (für vorher), setz dich nicht in die erste Reihe (aber auch nicht ganz hinten) und vergiss nicht: Du bist nicht allein. Alle sind ein bisschen überfordert, keiner ist perfekt. Und manchmal reicht ein kleines Lächeln, um zu zeigen: Ich bin da. Und ich meine es gut.


Denn am Ende geht es nicht um das perfekte Auftreten oder die klügste Frage – sondern darum, dass unsere Kinder sehen: Papa kümmert sich. Auch wenn er dabei ein bisschen unbeholfen aussieht. Und vielleicht – ganz vielleicht – wird aus dem unbeholfenen Gesicht irgendwann eines, das andere Papas beruhigt. Weil es sagt: Ich war da. Ich hab’s überlebt. Und du wirst das auch.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Papa sagt: Lohnt sich!

- Anzeige / Werbung -
Kinderspielzeug auf amaon.de
Transparenz-Hinweis: Bei einigen Links auf dieser Seite handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Wenn Du darüber etwas kaufst, bekomme ich eine kleine Provision – für Dich ändert sich am Preis nichts. Vielen Dank für Deine Unterstützung! Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Käufen.

Frisch aus dem Papa-Kosmos

Mehr zum Stöbern & Schmunzeln

- Anzeige / Werbung -