Bevor ich Kinder hatte, war das Auto für mich ein reines Fortbewegungsmittel. Von A nach B, fertig. Heute? Heute ist mein Auto manchmal mein Rückzugsort, mein Therapieraum, mein stiller Freund mit Bluetooth-Verbindung und Sitzheizung. Und wenn ich ehrlich bin: Diese halbe Stunde im geparkten Auto ist manchmal das Beste, was mir an einem Tag passieren kann. Es ist der Moment, in dem ich aus der Rolle des Familienmanagers, Spielkameraden, Chauffeurs und Problemlösers für einen Augenblick heraustreten darf.
Parkplatzphilosophie: Wenn der Alltag draußen bleibt
Da sitze ich. Motor aus. Handy im Flugmodus. Kein „Papaaa“, kein Spielzeugflugzeug, das durch die Gegend saust, keine Diskussionen, wer heute den Tisch deckt. Nur ich, der Sound der Lüftung und vielleicht ein Song, den ich schon ewig nicht mehr in Ruhe gehört habe.
Es ist erstaunlich, wie sich so ein Auto – das tagsüber Kindersitz, Kekskrümel-Falle und Transporter für Familienkram ist – am Abend in eine Mini-Oase verwandeln kann. Der Unterschied? Ich bin allein. Und keiner will was von mir. Keine Fragen, keine Aufgaben, keine Verantwortung – nur ich und der Moment.
Ich weiß, wie es klingt. Eine halbe Stunde Alleinsein im Auto ist kein exotischer Wellness-Trip, kein Yoga-Wochenende in den Bergen. Aber für mich ist es genau das, was ich in einem vollen Alltag brauche: einen Ort, an dem nichts passiert. Und in dieser Stille passiert plötzlich ganz viel. Gedanken dürfen wandern. Ideen kommen. Oder es ist einfach nur ruhig.
Zwischen Kindergartentasche und Kassenzettel: mein Raum
Oft sind es die Momente nach dem Einkaufen. Ich sitze noch fünf Minuten auf dem Supermarktparkplatz. Die Tiefkühlpizza wartet, aber ich brauche kurz mich. Ich zieh die Augenbrauen hoch, lasse mich in den Sitz sinken und starre aufs Lenkrad. Manchmal läuft Musik. Manchmal Stille. Aber immer läuft Entspannung.
Einmal hat mich ein anderer Vater gesehen, wie ich einfach nur da saß und nix gemacht habe. Wir haben uns durch die Scheibe zugenickt. Kein Wort, aber ein komplettes Verständnis: „Ich weiß genau, was du da gerade tust.“
Manchmal schließe ich sogar die Augen. Ich sitze nicht im Schneidersitz auf einer Yogamatte, sondern im Auto – aber der Effekt ist ähnlich. Mein Puls beruhigt sich. Meine Gedanken werden klarer. Ich spüre wieder: Ich bin da. Ich atme. Ich lebe. Ohne To-do-Liste. Ohne Anspruch, jetzt produktiv sein zu müssen.
Warum das Auto mehr als nur ein Auto ist
Ich weiß, es klingt albern. Ein geparktes Auto als Wellnessort? Aber es ist dieser eine Ort, an dem ich weder reden noch zuhören muss. Ich kann einfach mal sein. Ohne To-do-Liste. Ohne Verpflichtung. Und das fühlt sich manchmal an wie ein Spa-Besuch – nur günstiger und ohne Bademantel.
Die Rückenlehne zurück, die Sitzheizung an, Augen zu. Fünf Minuten durchatmen. Oder zehn. Niemand ruft, keiner braucht mich sofort. Und danach steige ich aus – ein bisschen klarer im Kopf, ein bisschen geduldiger, ein bisschen mehr ich selbst.
Manchmal höre ich Podcasts, die nicht mit Erziehung oder Karriere zu tun haben. Manchmal puste ich einfach beschlagene Scheiben weg. Und manchmal tue ich wirklich gar nichts. Das Auto ist mein Raum, mein Ruhepol. Und oft mein letzter funktionierender Rückzugsort im Chaos eines vollgestopften Tages.
Papas kleine Fluchten brauchen keinen Plan
Ich hab aufgehört, mich dafür zu rechtfertigen. Ja, ich sitze manchmal alleine im Auto. Nein, ich bin nicht auf TikTok. Ich bin einfach nur da. Und das ist verdammt gut so.
Es geht nicht um Flucht. Es geht um Luft holen. Um kurz innehalten, bevor der nächste Sprint durchs Familienleben startet. Ob vor dem Kindergarten, vor dem Haus oder irgendwo an einem Feldweg – dieser Moment im Auto ist mein Geschenk an mich.
Wir reden so viel über Achtsamkeit. Aber wer sagt, dass Achtsamkeit immer auf einem Meditationskissen stattfinden muss? Achtsamkeit kann auch heißen: Ich spüre die Tasse Kaffee in meiner Hand. Ich höre den Regen aufs Autodach prasseln. Ich sitze da und spüre, dass ich gerade niemandem gefallen muss.
Fazit: 30 Minuten, die alles verändern können
Wenn du das nächste Mal nach Hause fährst und merkst, dass du eigentlich noch fünf Minuten für dich brauchst – bleib einfach sitzen. Lehn dich zurück. Atme durch. Mach dein eigenes kleines Mini-Wellnessprogramm draus.
Denn manchmal braucht es keine Reise ans Meer, keine Meditation oder komplizierte Zeitmanagement-Tools. Manchmal reicht ein Auto, das steht. Und du mittendrin – ganz bei dir.
Und wenn du das nächste Mal jemandem erzählst, dass du zehn Minuten alleine im Auto verbracht hast, dann sag nicht: „Ich hab nichts gemacht.“ Sag: „Ich hab Energie getankt.“ Denn genau das ist es. Und glaub mir, deine Familie merkt den Unterschied.