Es war einer dieser ganz normalen Morgen, du weißt schon – Kind will nicht aufstehen, Brotdose ist noch nicht gespült, und du suchst verzweifelt nach der einen Socke, die einfach nicht mehr auftaucht. Ich bücke mich, um das Spielzeugauto unterm Tisch wegzuräumen – und zack: Der Rücken macht dicht. So richtig. Ich bleib erstmal unten, tu so, als hätte ich etwas ganz Wichtiges entdeckt. In Wahrheit denk ich nur: Scheiße, nicht schon wieder.
Das Problem: Ich hab keine Zeit für Rückenschmerzen. Wer hat das schon? Die Kinder müssen in die Schule, die Präsentation wartet im Büro, die Waschmaschine blinkt mir drohend entgegen und mein Jüngster fragt, ob wir heute endlich wieder Bagger gucken. Ich will ja. Ehrlich. Aber mein Körper sagt: Alter, stopp.
Und genau da beginnt das Dilemma. Weil „Stopp“ in unserem Papa-Wörterbuch nicht vorgesehen ist. Es ist nicht vorgesehen, sich rauszunehmen. Nicht vorgesehen, sich zu schonen. Stattdessen: Augen zu und durch. Irgendwie. Und das ist gefährlich.
Schmerzmittel und starke Nerven – Willkommen im Papa-Alltag
Ich schluck’ eine Ibu und lächle. Ich binde die Schuhe im Schneidersitz, weil Bücken nicht geht. Ich trage das Kind auf dem Arm, obwohl jeder Schritt in der Wirbelsäule zieht. Ich sage „alles gut“, obwohl alles schmerzt. Und das jeden Tag.
Will ich Mitleid? Nee. Ich will verstanden werden. Weil ich weiß, dass ich nicht der Einzige bin, der morgens mit Stechen im Rücken aufsteht und trotzdem der Erste ist, der das Frühstück macht. Wir Papas funktionieren oft weiter, weil wir das Gefühl haben, dass ohne uns alles zusammenbricht. Aber genau dieses „funktionieren müssen“ ist der Anfang vom Ende.
Denn irgendwann funktioniert nichts mehr. Der Körper schreit, die Laune kippt, und du merkst, dass du dich selbst längst abgehängt hast. Und dennoch: Wir machen weiter. Weil wir glauben, wir müssen. Weil wir glauben, es ist unsere Rolle.
Rückenschmerzen sind kein Weichei-Thema
Wenn ich sage, ich hab Rücken, dann schwingt da schnell was mit. „Du wirst halt älter“, „Muskelkater?“, „Mach mal Yoga, Bruder“. Alles gut gemeint. Aber Rückenschmerzen bei Männern – speziell bei Vätern – sind kein Witz. Die tragen wir nämlich oft schon lange mit uns rum. Nicht nur wegen schlechter Haltung oder zu wenig Bewegung. Sondern weil wir unsere körperliche Belastung systematisch unterschätzen.
Windelpakete schleppen, Kinder aus dem Sitz heben, Spielzeug auf dem Boden aufsammeln, nachts krumm im Kinderbett einschlafen, stundenlang am Laptop sitzen, weil man ja noch die Kita-App ausfüllen muss – das alles geht nicht spurlos am Körper vorbei. Und irgendwann reicht ein falscher Move, und du liegst. Oder du stehst zwar noch, aber innerlich schiebst du seit Monaten einen Bandscheibenvorfall vor dir her.
Und was machen wir? Nichts. Oder zumindest zu wenig. Weil „Rücken“ eben nicht ernst genommen wird – von anderen, aber schlimmer: von uns selbst.
Warum wir nicht „Nein“ sagen können – selbst mit Schmerzen
Ich glaube, viele von uns haben das Gefühl: Wenn ich jetzt „Nein“ sage, enttäusche ich jemanden. Meine Kinder. Meine Partnerin. Die Kollegen. Mich selbst. Also beißen wir die Zähne zusammen. Machen weiter. Lächeln tapfer. Und irgendwann merken wir gar nicht mehr, wie sehr wir uns selbst verraten.
Ich erinnere mich an ein Wochenende, da hätte ich wirklich einfach liegen bleiben sollen. Stattdessen bin ich mit den Kids in den Kletterpark, hab grillen organisiert und beim Umzug eines Kumpels geholfen. Drei Tage später saß ich beim Orthopäden. Diagnose: Lendenwirbelsäule komplett überlastet. Kommentar des Arztes: „Warum kommen Sie erst jetzt?“
Gute Frage. Nächste Frage. Denn mal ehrlich: Wie oft verschieben wir Arzttermine? Wie oft reden wir uns selbst ein, dass es schon wieder wird? Und wie oft sagen wir unserer Partnerin nicht die Wahrheit, weil wir niemandem zur Last fallen wollen?
Papa, der stille Held – und warum das aufhören muss
Wir tragen so viele Rollen gleichzeitig: Ernährer, Beschützer, Vorbild, Problemlöser. Und wir vergessen dabei eine: die des Selbstfürsorgers. Ja, das klingt weich. Klingt egoistisch. Ist es aber nicht.
Denn ein Papa, der sich nicht um sich selbst kümmert, ist irgendwann nicht mehr belastbar. Nicht mehr präsent. Nicht mehr geduldig. Und das spüren alle: Die Kinder, die Partnerin, der Arbeitgeber – und vor allem: du selbst.
Ich hatte einen Moment, da saß ich völlig fertig auf dem Boden im Kinderzimmer, während mein Rücken pochend gegen die Wand aus Überforderung hämmerte. Mein Kind kam zu mir, legte mir die Hand auf die Schulter und sagte: „Papa, du musst dich mal ausruhen.“
Das hat gesessen. Und ja – seitdem bin ich vorsichtiger geworden. Aber nicht perfekt. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich mich doch überlaste. Weil es eben schwer ist, sich selbst ernst zu nehmen in einem Alltag, der dich ständig antreibt.
Rückenschmerzen ernst nehmen – nicht einfach weglächeln
Viele Papas ignorieren die ersten Warnzeichen. Weil keine Zeit ist. Weil’s schon wieder besser wird. Weil man ja nicht wegen ein bisschen Ziehen zum Arzt geht. Und dann wird aus „ein bisschen Ziehen“ ein chronischer Schmerz. Ein Alltag, der sich anfühlt wie ein Marathon auf einem Bein.
Dabei gäbe es Lösungen – wenn man früher hinschaut. Ich spreche hier nicht von Wundermitteln. Sondern von echten Veränderungen:
- Ergonomische Arbeitsplätze (ja, auch im Homeoffice)
- Bewusstes Heben, Tragen und Bewegungstraining
- Physio-Termine, bevor es akut wird
- Und ganz banal: Pausen.
Und das Beste: Du musst gar nicht alles alleine herausfinden. Es gibt gute Ratgeber, YouTube-Videos, Online-Kurse. Und vor allem: Menschen, die dich ernst nehmen. Wenn du sie lässt.
Pausen als Protest – und als Liebesbeweis an dich selbst
Ich hab gelernt, dass eine Pause keine Schwäche ist. Sondern ein Zeichen von Verantwortung. Denn wenn ich mich ausruhe, tanke ich auf. Und wenn ich aufgetankt bin, bin ich ein besserer Papa. Einer, der zuhört. Der lacht. Der noch Lust hat, abends eine Geschichte vorzulesen – statt sie nur abzuspulen.
Wir müssen nicht immer durchziehen. Wir müssen lernen, die eigenen Grenzen zu spüren – und zu achten. Und ja, das bedeutet manchmal, „Nein“ zu sagen. Zu Terminen. Zu Erwartungen. Zu uns selbst.
Pausen sind keine Flucht. Sie sind ein Statement. Sie sagen: Ich bin wichtig. Mein Körper zählt. Und: Ich liebe meine Familie – und genau deshalb achte ich auf mich.
Was mir geholfen hat – vielleicht hilft’s dir auch
Ich bin kein Therapeut, aber ich hab viel ausprobiert. Und manches hat echt was gebracht:
- Eine Morgenroutine mit leichtem Stretching (ja, auch wenn die Kinder schon durchs Wohnzimmer turnen)
- Wärmflasche statt Netflix – klingt komisch, hilft aber
- Rückentraining mit YouTube – fünf Minuten sind besser als nichts
- Termine beim Physio fest im Kalender eintragen – wie einen Zahnarzttermin
- Und: reden. Mit Kumpels, Partnerin, wem auch immer – aber ehrlich.
Außerdem: Ich hab mir einen höhenverstellbaren Schreibtisch gegönnt. Eine Matratze, die wirklich zu meinem Rücken passt. Ich hab gelernt, öfter mal „Ich kann gerade nicht“ zu sagen. Und ich hab akzeptiert: Ich bin nicht unbesiegbar – aber verdammt wertvoll.
Fazit: Dein Rücken hat eine Stimme – hör endlich hin
Wir Papas leisten viel. Und wir machen das gern. Aber wir müssen aufhören, uns selbst als Maschine zu sehen. Rückenschmerzen sind nicht das Problem. Ignorieren ist es. Also hör auf deinen Körper. Sei ehrlich. Und vor allem: Tu was für dich – nicht erst, wenn’s zu spät ist.
Denn weißt du was? Du darfst dich wichtig nehmen. Du musst sogar. Für dich. Für deine Familie. Für dein Rückgrat – im wörtlichen und im übertragenen Sinne.