Papa-KolumneKolumnen & Kommentare„Hast du heute nichts zu tun?“ – Gesellschaft und das Papa-Bild

„Hast du heute nichts zu tun?“ – Gesellschaft und das Papa-Bild

Wenn Papas vormittags mit dem Kinderwagen unterwegs sind, scheint das immer noch Erstaunen auszulösen. Warum wir dringend ein neues Bild vom Vatersein brauchen – und wie wir selbst dazu beitragen können.

„Hast du heute nichts zu tun?“

Es war halb zehn an einem Dienstagmorgen, ich schlenderte mit meinem Sohn im Kinderwagen durch den Park, genoss die Sonne, das frische Brötchen in der Hand und – zack – dieser Satz von einem älteren Herrn auf der Bank. Kein Vorwurf, aber auch kein Smalltalk. Eher so ein echtes Unverständnis. Ich lächelte und sagte irgendwas in Richtung „Doch, das hier“. Aber der Moment blieb hängen.

Warum eigentlich sollte ich um diese Uhrzeit nichts zu tun haben, nur weil ich mit meinem Kind draußen bin? Wäre dieselbe Frage auch gekommen, wenn ich eine Mama mit Kinderwagen gewesen wäre? Ich glaube nicht. Und genau da beginnt das Problem: Das gesellschaftliche Bild vom Vater hängt irgendwie noch in den 90ern.

Der klassische Papa: Ernährer, nicht Erzieher?

In vielen Köpfen ist Papa immer noch der, der morgens zur Arbeit fährt, abends zum Abendbrot da ist, und am Wochenende vielleicht mal das Fahrrad repariert. Der sich „natürlich auch kümmert“, aber irgendwie doch eher als nette Ergänzung.


Die Realität? Die sieht längst anders aus. Es gibt Papas, die Elternzeit nehmen, Papas, die in Teilzeit arbeiten, Papas, die allein erziehen, Papas, die nachts Fläschchen geben, morgens Brotdosen packen und nachmittags am Spielplatz sitzen. Nicht weil sie müssen, sondern weil sie wollen. Weil sie dazugehören. Weil sie Eltern sind – ganz normal.

Und trotzdem scheint es immer noch Erstaunen auszulösen, wenn man uns mitten am Tag mit Kind sieht. So als wären wir irgendwie… fehl am Platz.

Sichtbar sein – und trotzdem übersehen werden

Es ist ein seltsames Phänomen. Du bist da. Du bist sichtbar. Und trotzdem wirst du irgendwie nicht wahrgenommen wie eine Mutter. Im Supermarkt, auf dem Spielplatz, im Wartezimmer. Die Fragen, die Blicke, die kleinen Kommentare – sie sagen oft: „Du bist hier, aber irgendwie auch nicht ganz richtig.“

Beispiele? Gern:

  • Beim Kinderarzt: „Ist die Mama heute verhindert?“
  • Auf dem Spielplatz: „Mensch, ein Papa – wie schön!“
  • Im Elternchat: Nachrichten beginnen mit „Hallo Mamas!“

Und dann kommt eben auch mal dieser Satz: „Hast du heute nichts zu tun?“

Er meint es vielleicht nicht böse. Aber er trifft. Weil er offenbart, wie tief das alte Rollenbild noch verankert ist.

Zwischen Stolz und Rechtfertigung

Ich bin stolz darauf, Zeit mit meinem Kind zu verbringen. Und gleichzeitig ertappe ich mich oft dabei, wie ich mich rechtfertige. „Ich arbeite heute im Homeoffice.“ „Ich habe gerade Elternzeit.“ „Ich war schon früh im Büro.“ Warum eigentlich? Niemand fragt eine Mutter, warum sie mit dem Kind unterwegs ist. Niemand stellt in Frage, ob sie genug leistet.

Aber bei Vätern? Da scheint es immer noch erklärungsbedürftig zu sein, warum sie unter der Woche mit Kind unterwegs sind. Als müssten sie sich eine Genehmigung abholen.

Gesellschaftliche Erwartung: Wer kümmert sich wirklich?

Das Bild, dass sich die Mutter kümmert und der Vater „hilft mit“, ist hartnäckig. Dabei ist dieses Denken längst überholt – zumindest in der Praxis vieler Familien. Aber in den Köpfen? Da dauert’s.

Es ist nicht nur ein gesellschaftliches Bild. Es steckt auch in Strukturen. In der Sprache („Mutterschutz“, „Mutterpass“), in Formularen („Name der Mutter“), in Gesetzestexten, in Steuerklassen, in Arbeitszeitmodellen. Und es beeinflusst uns alle – Männer wie Frauen.

Denn es setzt voraus, dass Betreuung von Kindern immer noch primär Frauensache ist. Und dass Männer nur dann „gut“ sind, wenn sie mitziehen. Nicht, wenn sie gleichziehen.

Ein neues Bild vom Papa – wie sieht das aus?

Ich stelle mir ein Bild vor, in dem Papas ganz selbstverständlich Windeln wechseln, Kinderarzttermine übernehmen, Elterngespräche führen und sich um Kitaanmeldungen kümmern – ohne dafür bewundert oder bemitleidet zu werden. Einfach, weil es dazugehört.

Ein Bild, in dem ein Vater nicht gefragt wird, ob er heute nichts zu tun hat – sondern in dem man anerkennt, dass er gerade etwas sehr Wertvolles tut.

Ein Bild, das Vaterschaft nicht auf Freizeit, Sport oder Technik reduziert – sondern auf Beziehung, Bindung, Verantwortung.

Was wir Papas dafür tun können

Ganz ehrlich? Wir müssen raus. Sichtbar sein. Uns zeigen. Nicht nur am Wochenende auf dem Fußballplatz. Sondern auch unter der Woche im Supermarkt. Auf dem Spielplatz. Beim Kinderturnen. Beim Arzt. Und vor allem: Ohne uns dafür zu rechtfertigen.

Wir müssen über das reden, was uns bewegt. Wir müssen uns untereinander stärken. Wir dürfen Fehler machen, wir dürfen müde sein, wir dürfen genervt sein – aber wir dürfen auch stolz sein. Auf unsere Rolle. Auf unser Engagement. Auf das, was wir jeden Tag leisten.

Und wir müssen klare Worte finden, wenn jemand wieder fragt: „Hast du heute nichts zu tun?“ – dann antworten wir: „Doch, ich tue gerade das Wichtigste überhaupt.“

Was die Gesellschaft dafür tun kann

Es braucht neue Bilder – in Werbung, Medien, Politik. Es braucht Strukturen, die Väter ernst nehmen. Elternzeitmodelle, die Gleichberechtigung fördern. Arbeitszeiten, die Teilhabe ermöglichen. Sprache, die nicht automatisch Mama sagt, wenn Eltern gemeint sind.

Und es braucht eine Haltung, die anerkennt: Vaterschaft ist mehr als ein Besuchsrecht am Wochenende. Sie ist Beziehungspflege, Bindungsarbeit, Erziehungsleistung. Und sie ist genauso wichtig wie Mutterschaft.

Kleine Schritte, große Wirkung

Wenn ein Vater bei der U-Untersuchung ist – dann ist das kein Sonderfall. Wenn ein Vater auf dem Spielplatz sitzt – dann ist das nicht niedlich. Wenn ein Vater Elternzeit nimmt – dann ist das nicht heldenhaft.

Es ist Alltag. Und genau das müssen wir zeigen. Immer wieder. Bis es nicht mehr besonders ist – sondern normal.

Persönlich: Was dieser eine Satz mit mir gemacht hat

„Hast du heute nichts zu tun?“ – der Satz hat mich zum Nachdenken gebracht. Weil er so beiläufig kam. Und weil er mich trotzdem tief getroffen hat. Weil er mir gezeigt hat, wie viel da noch zu tun ist. Wie stark das alte Bild noch lebt. Aber auch, wie wichtig es ist, dass wir darüber sprechen.

Ich habe an dem Tag übrigens nichts anderes getan als jede andere Mutter auch: Ich war für mein Kind da. Ich hab zugehört. Getröstet. Gefüttert. Und ja – ich habe auch gelacht, Unsinn gemacht, Geschichten erzählt. Ich war Papa. Nicht in meiner Freizeit. Nicht als Ausnahme. Sondern weil das mein Leben ist.


Und ich werde auch morgen wieder rausgehen. Mit Kinderwagen. Mit Rucksack. Mit Thermoskanne und Banane. Weil ich dazugehöre. Weil ich sichtbar sein will. Und weil ich möchte, dass mein Kind irgendwann zurückblickt und sagt: Mein Papa war da.

Nicht besonders. Einfach nur da.

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