Noch bevor die Sonne wieder aufgeht, habe ich manchmal schon das Gefühl, einen ganzen Marathon hinter mir zu haben – nur halt in Hausschuhen und mit Spucktuch über der Schulter. Jede Nacht ist anders, aber sie endet fast immer gleich: mit Augenringen und einem sehr starken Kaffee. Und das Verrückte daran? Es wird zur Gewohnheit. Du entwickelst eine Art inneren Autopiloten, der dich durch die nächsten Stunden manövriert – bis zur nächsten schlaflosen Nacht.
Die Nächte, in denen keiner schläft
Früher dachte ich, eine „schlechte Nacht“ sei, wenn ich mal bis zwei Uhr morgens feiern war. Heute lache ich müde über mein früheres Ich. Denn jetzt sind schlechte Nächte die Norm – und sie kommen nicht mit Kater, sondern mit Schnullern, Nachtlichtern und einem „Papaaaaa, ich kann nicht schlafen!“ aus dem Kinderzimmer.
Es gibt diese Nächte, die sich anfühlen, als hätte jemand die Zeit angehalten. Nicht im romantischen Sinn – nein, eher wie ein kaputter Wecker, der alle 15 Minuten klingelt. Baby zahnt? Aufstehen. Kleinkind hat schlecht geträumt? Kuscheln. Der Große muss auf Toilette? Klar doch. Und dazwischen liege ich wach und horche. Vielleicht schläft ja jetzt endlich mal jeder – bis das Baby wieder anfängt zu weinen.
Und das Schlimmste? Dein Körper spielt irgendwann nicht mehr mit. Die Reaktionszeit sinkt, du vergisst Dinge, die du gerade noch wusstest, und du redest manchmal so zusammenhangslos, dass selbst dein Kind fragt, ob du genug geschlafen hast. Spoiler: habe ich nicht.
Der Kaffee wird stärker, die Augenringe tiefer
Morgens dann: Zombie-Modus. Ich stehe in der Küche, halte mich an der Kaffeemaschine fest wie an einem Rettungsanker und frage mich ernsthaft, wie zur Hölle ich den Tag überstehen soll. Der Blick in den Spiegel zeigt ein Gesicht, das ich nur noch vom Hörensagen kenne. Blass, Augenringe, zerzauste Haare – das bin ich. Papa in seiner ehrlichsten Form.
Und doch: Irgendwie funktioniert es. Weil man muss. Weil der Alltag keine Rücksicht nimmt. Weil Kita, Arbeit, Haushalt und das verdammte Brotdosenpacken nun mal nicht warten. Und weil dieses kleine Wesen, das dich letzte Nacht wachgehalten hat, dich morgens mit einem „Papa!“ anlacht, als hätte es die Nacht durchgeschlafen – was es vermutlich auch nicht hat.
Ich habe in den letzten Monaten gelernt, dass man auch auf Energiesparflamme ziemlich weit kommt. Man schraubt die Ansprüche an sich selbst runter. Bügeln? Wird überbewertet. Frisch kochen? Gibt’s am Wochenende. Hauptsache alle leben noch, sind irgendwie satt und halbwegs angezogen.
Eine Nacht – viele Geschichten
Was ich an diesen durchwachten Nächten gelernt habe: Sie erzählen Geschichten. Von Nähe, von Verantwortung, von Liebe. So müde ich auch bin – wenn ich da sitze und mein Kind auf meinem Arm langsam wieder in den Schlaf sinkt, dann weiß ich, dass diese Momente kostbar sind. Und dass ich irgendwann zurückdenken werde und sagen kann: Ich war da. Ich hab durchgehalten. Ich hab geliebt, auch im Halbschlaf.
Es sind oft auch die kleinen, leisen Dinge, die sich in der Nacht entfalten. Das vorsichtige Atmen eines Babys, das sich beruhigt. Der warme Körper, der sich an dich schmiegt. Der Moment, in dem du für dein Kind der sicherste Ort der Welt bist – mitten in der Nacht, mit nur einer Stehlampe als Zeugin.
Klar, ich verfluche sie manchmal, diese Nächte. Vor allem, wenn sie sich aneinanderreihen wie Dominosteine und ich mich frage, ob mein Bett eigentlich noch weiß, wie sich mein Körper anfühlt. Aber zwischen Gähnen, Augenreiben und Flüstergesängen passiert auch etwas anderes: Nähe. Bindung. Papa-Magie. Und so kitschig das auch klingt – diese Magie trägt dich irgendwie durch den Tag.
Luxusgut Schlaf – und was ich trotzdem gewonnen habe
Schlaf ist ein kostbares Gut. Wenn man ihn nicht hat, wird einem erst klar, wie sehr er fehlt. Und trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – hat sich mein Blick verändert. Ich habe gelernt, meine Kraftreserven anders zu mobilisieren. Ich habe gelernt, dass ich mehr aushalte, als ich je für möglich gehalten hätte. Und ich habe gelernt, dass Liebe manchmal um drei Uhr nachts passiert, wenn ein kleiner Körper sich an mich kuschelt und einfach nur Papa sein will.
Ich will dir nichts vormachen – ich bin oft am Limit. Ich falle abends auf die Couch wie ein nasser Sack Wäsche und zähle die Minuten, bis ich selbst ins Bett darf (um dort natürlich nicht durchzuschlafen). Aber ich weiß auch: Diese Phase ist endlich. Irgendwann wird mein Kind durchschlafen. Irgendwann werde ich durchschlafen. Und vielleicht werde ich diese durchwachten Nächte sogar ein bisschen vermissen.
Denn sie haben mir gezeigt, dass ich als Papa über mich hinauswachsen kann. Dass ich geduldiger bin, als ich dachte. Dass ich mein Handy nachts nicht brauche, weil meine ganze Welt in diesem kleinen Körper liegt, der an meiner Schulter schlummert. Sie haben mir eine neue Seite an mir gezeigt, die ich vorher nicht kannte – die fürsorgliche, durchhaltende, liebende Seite.
Und manchmal, wenn ich doch mal eine Nacht durchschlafen darf, wache ich trotzdem auf. Nicht, weil jemand schreit – sondern weil es zu ruhig ist. Und dann liege ich da, lausche dem Frieden und denke: Verrückt, wie laut es in meinem Kopf werden kann, wenn draußen endlich Ruhe herrscht.
Fazit: Schlaf? Wird überbewertet – ein bisschen zumindest
Also ja – Schlaf ist Luxus. Und ich wünsche dir von Herzen jede Minute davon. Aber wenn du gerade in der Baby- oder Kleinkindzeit steckst und denkst, du packst das alles nicht: Du bist nicht allein. Ich bin auch müde. Ich schleppe mich auch durch. Und trotzdem – irgendwie – machen wir das.
Weil wir Papas sind. Und weil wir diese Nächte zwar verfluchen – aber auch ein bisschen feiern. Denn sie gehören dazu. Zu uns. Zu unseren Kindern. Und zu dieser wilden, ehrlichen Papa-Zeit, die so viel mehr ist als nur Schlafentzug.
Und wer weiß – vielleicht sitzen wir in ein paar Jahren irgendwo am Spielplatz, schauen auf unsere halb pubertierenden Kinder und sagen: „Weißt du noch, damals, als wir nie geschlafen haben?“ Und wir lachen. Müde. Aber glücklich.