Es gibt Papa-Momente, die kündigen sich nicht groß an. Sie schleichen sich in den Kalender, ganz unscheinbar. In unserem Fall kam er mit einem kleinen Zettel aus dem Kindergarten: „Wir basteln Laternen – Material bitte mitbringen.“
Klingt harmlos, oder? Ich dachte auch: bisschen Papier, bisschen Kleber – mach ich mit links. Ich hatte nicht mit Glitzer gerechnet. Und nicht damit, dass ich zwei Tage später aussah wie die menschliche Discokugel. Aber eins nach dem anderen.
Der Plan: Gemeinsam eine Laterne basteln
Ich war motiviert. Ehrlich. Mein Kind war begeistert, ich wollte mir Mühe geben. Vater-Kind-Zeit, du weißt schon – so einer dieser „wir machen was Schönes“-Nachmittage. Wir holten alles raus: Transparentpapier, Tonkarton, eine Bastelschere, Kleber – und, wie es der Zufall wollte, eine große Dose Glitzer, die ich seit Karneval erfolgreich ignoriert hatte.
„Ich will eine Einhorn-Laterne“, sagte mein Kind. Ich schluckte kurz. Hatte auf einen Kürbis gehofft. Oder einen Stern. Aber hey – Papa kann alles. Auch Einhörner.
Wir skizzierten gemeinsam. Oder besser: Mein Kind kritzelte einen Kreis mit Flügeln und nannte es „Super-Einhorn 3000“. Ich nickte anerkennend und versuchte, meine Zweifel zu verbergen. Mein Bastelwissen endete bei Papierschiffchen.
Der Aufbau: Vom Karton zur Laterne
Zuerst bastelten wir die Grundform. Ein Zylinder aus Tonkarton, Fenster aus Transparentpapier, ein stabiler Boden – das kriegten wir gemeinsam ganz gut hin. Es wurde viel gelacht, viel gefragt, viel geschnitten. Natürlich nicht gerade. Aber das störte niemanden.
Der Kleber floss in Strömen. Ich versuchte, mit einem alten Pinsel die Ränder einzustreichen, während mein Kind ihn wie einen Zauberstab über das Papier schwang. Wir bastelten mit Hingabe – und einem Musikmix aus Martinsliedern und seinem Lieblingshörspiel im Hintergrund.
Und dann kam der Moment, der alles veränderte.
„Papa, jetzt Glitzer!“
Ich nickte, ahnungslos. Öffnete die Dose. Und da war’s passiert.
Glitzer, überall Glitzer
Ich kann es nicht genau erklären, aber irgendwie… kippte mein Kind die komplette Dose auf das frisch eingekleisterte Einhorn. Und ein bisschen daneben. Und ein bisschen mehr daneben. Innerhalb von Sekunden war nicht nur das Einhorn komplett glitzerbesetzt, sondern auch der Tisch, der Stuhl, der Fußboden, meine Hose – und mein Bart.
Ich versuchte zu retten, was zu retten war. Blies sanft den Überschuss weg – Fehler. Jetzt war der Glitzer auch in der Luft. Und auf dem Hund.
Ich habe Tage später noch ein Glitzerkorn auf meinem Autositz entdeckt. Und auf dem Kopfkissen. Und im Waschbecken. Glitzer kennt keine Gnade. Aber – es macht glücklich. Zumindest einen kleinen Menschen mit funkelnden Augen.
Und doch: Wir lachten. Laut. Herzlich. Tränen kullerten. Es war dieses Chaos, das alles so besonders machte. Diese Mischung aus Ehrgeiz, Kreativität und völligem Kontrollverlust.
Die Laterne nimmt Form an
Nach dem Glitzer-Massaker verfeinerten wir unser Werk. Das Einhorn bekam eine bunte Mähne aus Krepppapier, Flügel aus Alufolie, Glubschaugen aus Knöpfen und eine Schnauze aus Pfeifenreiniger. Es war kein Pinterest-Projekt. Es war ein Kunstwerk.
Wir machten sogar ein Namensschild dran: „Lichti das Einhorn“. Mein Sohn bestand darauf, dass Lichti beim Umzug auch singen kann. Ich fragte nicht weiter nach. Ich war zu beschäftigt damit, dem Glitzer aus meiner Teetasse zu fischen.
Ich habe selten so stolz auf etwas geblickt, das so schief und bunt war. Aber es war unser Ding. Unsere Laterne. Unser Abenteuer.
Warum ich das Laternebasteln liebe
Am Anfang war es nur ein Termin. Ein Pflichtpunkt. Heute weiß ich: Es ist viel mehr. Es ist ein Moment, den man nicht wiederholt. Ein Ritual, das zusammenschweißt. Ein Fest für Fantasie, Geduld – und Humor.
Denn ja, Laternebasteln ist nicht sauber. Nicht perfekt. Es ist laut, bunt, chaotisch. Aber es ist auch voller Lachen, voller Nähe, voller Erinnerungen, die bleiben.
Ich habe gelernt, dass mein Kind beim Basteln ganz in seinem Element ist. Es erzählt Geschichten, denkt sich Lieder aus, kommentiert jedes Teil mit „Oh, das wird cool!“. Es ist wie ein kleines kreatives Feuerwerk – und ich darf mittendrin sein.
Basteln als Bühne für echte Gespräche
Was ich vorher nicht wusste: Während des Bastelns öffnen sich kleine Türen. Mein Kind erzählte mir plötzlich, was in der Kita los war. Welche Kinder doof sind, welche gut. Was es geträumt hat. Was es sich zu Weihnachten wünscht. Dinge, die es sonst nicht einfach so erzählt.
Die Bastelzeit war plötzlich mehr als nur Kleben. Sie wurde zu einem Raum, in dem wir uns begegneten. Ohne Ablenkung. Ohne Handy. Ohne Eile. Nur wir zwei, eine Laterne und viel Glitzer.
Tipps für Papas mit Glitzer-Angst
Wenn du bald selbst mit deinem Kind eine Laterne bastelst – hier ein paar ehrliche Tipps aus dem Papa-Alltag:
- Zieh alte Sachen an. Wirklich. Am besten Klamotten, die du nie wieder tragen willst.
- Leg Zeitung unter. Und dann nochmal doppelt so viel, wie du denkst, dass du brauchst.
- Mach Fotos. Nicht nur vom Ergebnis, sondern vom Chaos dazwischen.
- Lass dein Kind entscheiden. Auch wenn du lieber was anderes basteln würdest.
- Halte Glitzer mit Respekt. Es ist mächtig. Und unaufhaltsam.
- Vergiss Perfektion. Es geht ums Machen. Nicht ums Ergebnis.
- Plane genug Zeit ein. Eine Laterne in 20 Minuten? Vergiss es.
- Nimm’s mit Humor. Es wird nicht alles glatt laufen. Aber das macht es erst richtig schön.
Laternenumzug mit Stolz im Bauch
Der große Abend kam. Die Laterne leuchtete, das Kind strahlte. Und ich, mit leicht glitzerndem Bart, stand daneben und konnte nicht aufhören zu grinsen. Weil ich wusste: Dieses Einhorn aus Papier und Pappe war mehr als nur Bastelarbeit. Es war ein Stück Papa-Kind-Zeit, das wir nie vergessen werden.
Wir liefen durch die Straßen, sangen schiefe Lieder, froren ein bisschen – und ich hatte Tränen in den Augen. Vor Kälte? Vielleicht. Vor Rührung? Ganz sicher.
Ich hab später gehört, dass unsere Laterne die bunteste in der ganzen Gruppe war. Ob das stimmt? Keine Ahnung. Aber ich glaub’s einfach. Weil sie für mich die schönste war. Mit Abstand.
Und am nächsten Morgen, als ich noch verschlafen in den Spiegel schaute, blitzte da wieder dieses eine Glitzerkorn in meinem Bart. Und ich lächelte. Weil ich wusste, was es bedeutet.
Fazit: Glitzer im Bart, Freude im Herzen
Ich hätte nie gedacht, dass ich mal gern bastle. Noch weniger, dass ich Glitzer freiwillig ins Haus lasse. Aber heute weiß ich: Es geht nicht ums Basteln. Es geht ums Zusammensein. Ums Erleben. Um echte Momente.
Laternebasteln ist wie das Leben mit Kindern: chaotisch, leuchtend, laut – und voller kleiner Wunder, wenn man hinsieht.
Und wenn ich dafür aussehe wie eine Mischung aus Einhorn und Weihnachtsbaum – dann ist das eben so.
Also: Ran an die Pappe. Ran an den Kleber. Und wenn du ganz mutig bist – hol den Glitzer raus.
Du wirst lachen. Du wirst fluchen. Du wirst nie wieder ganz glitzerfrei sein. Aber du wirst es lieben. Versprochen.