Kinder und Finanzen? Klingt im ersten Moment wie Brokkoli zum Nachtisch. Aber ich schwör dir: Mein Kind hat mir mehr über Umgang mit Geld beigebracht als jeder Finanzratgeber. Und das, ohne auch nur einmal das Wort „Budget“ in den Mund zu nehmen. Hier kommt die Geschichte, wie mein Nachwuchs zum kleinen Finanzcoach wurde – und ich zum lernenden Papa.
Und ja, ich weiß: Es klingt fast kitschig. Aber manchmal öffnen uns gerade diese kleinen Alltagsbeobachtungen die Augen. Zwischen Bauklötzen, Cornflakes und Gute-Nacht-Geschichten liegen oft die wertvollsten Finanzlektionen. Kinder leben im Hier und Jetzt – und genau das ist die Haltung, die uns beim Umgang mit Geld manchmal fehlt.
Der erste Aha-Moment: „Papa, warum brauchst du das jetzt?“
Es fing harmlos an. Ich stand mit meiner Tochter im Supermarkt, schob einen Wagen voll „wichtiger Dinge“ und sie fragte: „Papa, warum brauchst du das jetzt?“ Gemeint war ein USB-Ventilator mit LED-Licht. Und ich? Stand da wie ertappt. Gute Frage eigentlich.
Diese kleine Kinderfrage hat bei mir mehr ausgelöst als 100 Finanzblogs. Denn wenn man ehrlich ist: Wie oft kaufen wir Dinge, die wir gar nicht brauchen? Und wäre ein ehrliches „Ich will’s einfach haben“ nicht manchmal die bessere Antwort als „Das ist praktisch“?
Seitdem begleitet mich diese Stimme. Nicht nur im Supermarkt. Auch online, beim Stöbern auf Flohmärkten oder beim Gedanken an das neueste Technikspielzeug. Diese kindliche Direktheit ist wie ein eingebauter Wahrheitskompass. Einer, den wir Erwachsenen irgendwann verloren haben. Sie hat mir geholfen, Impulskäufe zu enttarnen – als das, was sie oft sind: emotionale Reaktionen auf Stress, Langeweile oder ein kurzes Bedürfnis nach Belohnung.
Kinder haben einen Blick fürs Wesentliche (und für Quatsch)
Mein Kind bringt es auf den Punkt. Ohne Schnickschnack, ohne Ausreden. Wenn ich beim Onlineshopping „nur mal gucken“ will, dauert es keine zwei Minuten, bis eine kleine Stimme ruft: „Papa, du hast doch gesagt, du willst sparen!“ Tja. Hat sie recht. Und zack, klappe ich den Laptop wieder zu.
Kinder sind ehrlich. Brutal ehrlich. Sie stellen Fragen, die wir uns selbst oft nicht mehr trauen zu stellen. Und sie erkennen sofort, wenn etwas keinen Sinn macht – sei es ein drittes Paar Sneaker oder das vierte Streaming-Abo. Diese kindliche Logik ist messerscharf. Was nicht unmittelbar Spaß macht oder gebraucht wird, wird direkt hinterfragt. Kein Blatt vor den Mund, keine Taktik – einfach ehrlich.
Sie merken auch, wenn wir uns selbst belügen. „Du sagst immer, wir sparen, aber du kaufst dir schon wieder Kaffee unterwegs.“ Zack. Treffer. Und dann sitze ich da mit meinem to-go-Becher und überlege, wie viele Münzen sie gerade für ihr erstes Kuscheltier zusammenspart.
Und weißt du was? Dieses ehrliche Hinterfragen hat bei mir dazu geführt, dass ich meine eigenen Ausgaben endlich mal richtig analysiert habe. Nicht, weil irgendein Finanzberater es empfohlen hat, sondern weil meine Tochter mich mit ihrer kindlichen Logik bloßgestellt hat – liebevoll natürlich.
Taschengeld als Realitätstraining für beide Seiten
Seit meine Tochter Taschengeld bekommt, sind unsere Gespräche erstaunlich tiefgängig geworden. Sie spart für ein Spielzeug. Sie überlegt, ob es sich lohnt. Sie rechnet nach. Und ich? Ich frage mich währenddessen, warum ich für ein Abo zahle, das ich seit Monaten nicht mehr nutze.
Es ist wie ein kleiner Spiegel: Während sie lernt, dass man nicht alles sofort haben kann, lerne ich, dass „haben wollen“ kein Grund für einen Kauf ist. Und dass es manchmal okay ist, zu warten. Oder ganz auf etwas zu verzichten. Diese kleinen Gespräche über Münzen, Wünsche und Geduld sind wie Mini-Coachingsessions. Kostenlos. Und mit mehr Wirkung als jeder Onlinekurs.
Neulich haben wir sogar gemeinsam ein Sparziel formuliert. Sie für ein Plüschtier, ich für ein neues Fahrrad. Wir haben ein Glas genommen, es beschriftet und gemeinsam befüllt. Jeden Samstag werfen wir ein bisschen Kleingeld rein. Ihre leuchtenden Augen, wenn sie zählt, wie viel schon drin ist – unbezahlbar. Und ich? Ich freue mich jedes Mal, wenn ich auf mein Konto gucke und sehe: kein neuer Impulskauf diese Woche.
Manchmal planen wir gemeinsam, wie sie ihr Taschengeld einteilen will. Ein Teil zum Sparen, ein Teil zum Ausgeben, ein kleiner Teil zum Verschenken. Ich habe das übernommen – für mich. Und plötzlich fühlt sich mein eigenes Geld auch viel bewusster an.
Finanzcoaching auf Kinderart: 7 Dinge, die ich gelernt habe
- Weniger ist oft mehr. Kinder brauchen nicht viel, um glücklich zu sein. Das ist ansteckend.
- Geduld zahlt sich aus. Wenn sie für etwas sparen, tun sie das mit echter Vorfreude. Kein Vergleich zu meinem impulsiven Klick auf den „Jetzt kaufen“-Button.
- Werte statt Preise. Für sie zählt, was etwas „wert“ ist, nicht was es kostet. Großer Unterschied.
- Fehler sind erlaubt. Wenn das neue Spielzeug doch doof ist: Kein Drama. Lernkurve. Auch für mich.
- Vorleben ist besser als Predigen. Wenn Papa selbst spart, braucht’s keine langen Erklärungen.
- Teilen macht reicher. Kinder teilen ihr Eis, ihr Spielzeug, ihre Geschichten. Großzügigkeit, ganz ohne Rechenmaschine. Und vielleicht ist genau das der größte Wert von allen.
- Geld ist kein Tabuthema. Je früher man darüber spricht, desto selbstverständlicher wird es. Und das entlastet – alle Beteiligten.
Was wäre, wenn wir alle mehr wie Kinder mit Geld umgehen?
Weniger Angst, etwas zu verpassen. Mehr Freude an dem, was da ist. Und ein gesunder Zweifel an allem, was uns Werbung einreden will. Ich glaube, Kinder sind die ehrlichsten Sparberater, die es gibt. Sie zeigen uns, worauf es ankommt: Zeit, Erlebnisse, Gemeinsamkeit.
Was würde passieren, wenn wir das Prinzip „Brauche ich das wirklich?“ öfter stellen würden? Oder wenn wir wieder lernen würden, dass es vollkommen okay ist, etwas nicht zu besitzen – und es trotzdem genießen zu können? Mein Kind leiht sich Bücher aus der Bücherei und findet das aufregender als jedes Amazon-Paket.
Ich habe gelernt, dass Finanzbildung nicht bei ETFs oder Steuerklassen anfängt, sondern im Alltag. Beim Brötchenkauf. Beim Nein-Sagen zum x-ten Wunsch. Beim gemeinsamen Planen eines Ausflugs mit begrenztem Budget. Da beginnt echte finanzielle Erziehung – für beide Seiten.
Was ich dabei gelernt habe: Es geht nicht um Verzicht. Es geht um bewusste Entscheidungen. Um Prioritäten. Und um das gute Gefühl, nicht jedem Konsumimpuls nachgeben zu müssen. Mein Kind zeigt mir das jeden Tag. In ihrer Welt zählt Zeit, Zuwendung und manchmal ein Schokopudding zum Nachtisch mehr als jedes neue Spielzeug.
Also ja, mein Kind ist mein bester Finanzcoach. Und ich bezahle sie dafür nicht mal – zumindest nicht in Euro. Aber vielleicht in Aufmerksamkeit, gemeinsamen Momenten und der ein oder anderen Kugel Eis. Und das ist – ganz ehrlich – unbezahlbar.