Du kennst das: Du kommst von der Arbeit, willst kurz durchschnaufen – und dann fällt dir ein: Die Brotdosen sind noch nicht gespült. Morgen ist Ausflug in der Kita, Regenjacke gesucht! Und verdammt – der Geburtstag vom Neffen ist auch bald, Geschenk? Noch nicht besorgt. Willkommen im Club der Mental Load-Träger. Ja, auch als Papa.
Und genau darum geht’s: Um diese Denkarbeit, die niemand sieht. Die Listen im Kopf, die Erinnerungen an Termine, die kleinen Infos aus dem Familien-Chat, die du nachts noch schnell abspeicherst. Das alles läuft parallel zu deinem Job, deinem Alltag, deiner Rolle als Vater. Und ja, es ist anstrengend – aber eben auch unsichtbar. Für andere. Für dich selbst oft auch.
Was ist Mental Load überhaupt?
Der Begriff beschreibt die unsichtbare Denkarbeit, die im Alltag ständig mitläuft. Dieses permanente Mitdenken, Planen, Organisieren, Erinnern. Also nicht nur tun, sondern vorher schon dran denken. Oft sind es genau diese Dinge, die keine To-do-Liste füllen, aber trotzdem Energie ziehen – und zwar ordentlich.
Mental Load ist wie ein Hintergrundprogramm, das nie stoppt. Selbst wenn du körperlich nichts machst, ist dein Kopf im Dauereinsatz. Und das kann auf Dauer ganz schön mürbe machen. Vor allem, wenn keiner sieht, wie sehr du innerlich jonglierst.
Ein Beispiel? Stell dir vor, du bereitest das Abendessen vor. Währenddessen überlegst du, ob im Kühlschrank noch genug für die Brotdosen morgen ist, erinnerst dich an die Einladung zum Laternenumzug nächste Woche und schreibst innerlich schon eine Nachricht an die Oma, um den nächsten Besuch zu koordinieren. Gleichzeitig versuchst du, deinem Kind zuzuhören, das dir mit einem halben Apfel im Mund eine Dinogeschichte erzählt. Willkommen im ganz normalen Kopfkino eines Vaters mit Mental Load.
„Aber das machen doch die Mütter?“ – Echt jetzt?
Ja, klar. Mütter tragen häufig einen großen Teil der mentalen Last. Und das wird (zum Glück!) auch immer öfter thematisiert. Aber viele Väter stehen da in nichts nach. Vor allem dann, wenn sie nicht nur „mithelfen“, sondern wirklich gleichberechtigt mitorganisieren.
Ich zum Beispiel habe irgendwann gemerkt, dass ich nicht nur an meine Arbeit denke, sondern auch an den Einkaufszettel, die U-Untersuchung, die neue Hallenschuhe fürs Turnen und die Frage: „Wie kriegen wir nächste Woche drei Elternabende unter?“ Mein Kopf ist voll. Dauernd. Und das ist Mental Load. Ganz klar.
Und das Wichtige: Mental Load ist kein Geschlechterkampf. Es geht nicht darum, wer mehr macht. Sondern darum, dass wir als Väter anerkennen, was wir leisten – und was uns belastet. Es ist ein Schritt Richtung Gleichberechtigung, wenn wir auch unsere mentale Arbeit sichtbar machen. Nicht, um zu punkten. Sondern um fair zu leben.
Warum viele Väter ihre Last nicht benennen
Oft fehlt uns die Sprache dafür. Wir sagen dann Sachen wie „Bin grad ein bisschen durch“ oder „Ich hab so viel im Kopf“. Aber Mental Load? Klingt irgendwie zu weich, zu wenig männlich – totaler Quatsch natürlich.
Viele von uns haben einfach nicht gelernt, diese Art von Belastung ernst zu nehmen. Wir denken: „Solange ich alles schaffe, passt’s ja.“ Aber das ist genau der Trugschluss. Denn es geht nicht nur ums Schaffen – sondern ums Aushalten. Und irgendwann ist die Grenze erreicht.
Ich hab das lange runtergespielt. Dachte, das sei halt normal, als Vater. Bis ich gemerkt habe, dass ich abends nicht mehr abschalten konnte. Dass ich ständig das Gefühl hatte, etwas zu vergessen. Und dass ich gereizt wurde – wegen Kleinigkeiten. Das war der Moment, an dem ich kapiert habe: Mein Kopf ist einfach zu voll. Und es hilft nicht, das zu ignorieren.
Das System Familie funktioniert nur mit mentaler Arbeit – auch deiner
Wenn du in einer Familie lebst, ist da ständig etwas zu organisieren. Kindergarten, Schule, Freizeit, Gesundheit, Kleidung, Geburtstage, Finanzen. Es ist nicht nur Arbeitsteilung im Sinne von „Du kochst, ich bringe das Kind ins Bett“, sondern eben auch: Wer denkt an was?
Und wenn du der bist, der schon morgens im Halbschlaf plant, wie die Woche strukturiert wird, dann trägst du Mental Load. Punkt. Das sollte nicht übersehen oder kleingeredet werden – auch nicht von dir selbst.
Vielleicht erkennst du es daran, dass du nie wirklich abschaltest. Dass du im Urlaub trotzdem an die Impftermine denkst. Dass du beim Einschlafen noch überlegst, wie du das Auto zur Werkstatt bekommst und trotzdem pünktlich zur Kita kommst. Dieses dauerhafte Denken ist nicht einfach nur „verantwortlich sein“ – es ist mentale Belastung. Und sie verdient einen Namen.
Was hilft, um die Last zu teilen
Der erste Schritt ist Sichtbarkeit. Sprich aus, was in deinem Kopf abgeht. Sag deiner Partnerin, was du alles auf dem Schirm hast – nicht vorwurfsvoll, sondern ehrlich. Das verändert viel.
Dann: Verteilung. Wer übernimmt was? Und zwar nicht nur das Machen, sondern auch das Dran-denken. Das Geschenk besorgen ist das eine – dran zu denken, dass der Geburtstag ansteht, das andere.
Mach es konkret. Vielleicht hilft eine gemeinsame Liste. Vielleicht ein regelmäßiges Gespräch am Sonntagabend. Vielleicht auch ein klarer Wechsel: Diese Woche organisiert sie, nächste Woche du. Wichtig ist: Es gibt keine Einheitslösung – nur das Bewusstsein, dass mentale Arbeit echte Arbeit ist.
Und ganz ehrlich: Es braucht auch Auszeiten für den Kopf. Zeiten, in denen du nicht zuständig bist. In denen jemand anderes denkt, plant, entscheidet. Nur dann kann dein System mal rebooten.
Ich hab für mich den Samstagvormittag zur Denkpause erklärt. Kein Planen, keine Verantwortung. Nur ich, Kaffee und Kopffreiheit. Natürlich klappt das nicht immer – aber es ist ein Anfang.
Fazit: Auch Papas tragen Mental Load – und das darf raus aus der Unsichtbarkeit
Mental Load betrifft nicht nur Mamas. Auch Väter sind betroffen – besonders die, die sich wirklich verantwortlich fühlen. Und es ist höchste Zeit, dass wir drüber reden. Ohne Scham, ohne Relativieren, ohne Schulterzucken.
Denn wenn wir diese unsichtbare Last sichtbar machen, schaffen wir mehr Verständnis. Für uns selbst. Für unsere Partnerinnen. Und für das, was Familienleben heute wirklich bedeutet.
Wir Väter dürfen sagen: „Ich bin müde vom Denken.“ Wir dürfen nach Unterstützung fragen. Wir dürfen Pause machen. Und vor allem: Wir dürfen lernen, dass echte Gleichberechtigung im Kopf beginnt.