Lena hat gefragt, was ich mache, wenn mein Kind zum zehnten Mal „Warum?“ fragt. Und ich musste grinsen – weil ich’s kenne. Und wie! Wenn dein Nachwuchs mal in der Warum-Phase angekommen ist, kannst du dich auf einiges gefasst machen. Willkommen im Endlos-Dialog mit einem Mini-Philosophen, der keine Ruhe gibt. Du wirst zum Dauer-Kommentator deiner eigenen Welt, und manchmal hast du das Gefühl, deine Worte laufen im Kreisverkehr – immer schön rechts rum, keine Ausfahrt in Sicht.
Bevor ich zum ersten „Warum?“ komme, hier ein Geständnis: Ich fand diese Phase anfangs fast rührend. Mein Kind wollte alles wissen – und ich war bereit, der große Erklär-Bär zu sein. Mit glänzenden Kinderaugen angeschaut zu werden, während man erklärt, warum der Mond nicht runterfällt – das ist schon ein schönes Gefühl. Nur, dass es eben nicht bei einer Frage bleibt… Und so wird aus einem harmlosen Gespräch über den Himmel plötzlich ein mündliches Referat über Wolken, Sonne, Wind, Dinosaurier und warum der Toast heute nicht richtig knusprig war.
Die erste Warum-Frage ist meistens süß
„Papa, warum ist der Himmel blau?“ – Klassiker. Und ja, da hat man sogar noch richtig Bock drauf. Vielleicht fällt dir spontan was Schlaues ein, vielleicht improvisierst du, oder du fängst direkt an, über Lichtbrechung und Atmosphäre zu dozieren (während dein Kind längst beim nächsten Gänseblümchen ist). Anfangs macht’s noch Spaß – du fühlst dich gebraucht, wie der wandelnde Brockhaus der Familie. Du gibst dir Mühe, malst mit Worten, baust Mini-Vergleiche ein. Und wenn dein Kind dann nickt und sagt: „Aha!“, fühlst du dich wie ein Nobelpreisträger. Kurz zumindest.
Beim fünften „Warum“ kommt der erste Seufzer
„Papa, warum haben Katzen keinen Busführerschein?“ – Hä? Da fängt’s an, knifflig zu werden. Nicht, weil du es nicht beantworten kannst, sondern weil du merkst: Hier geht’s nicht mehr um die Antwort. Es geht ums Fragen. Und zwar immer wieder. Und das kann dich nach einem langen Tag echt aus der Bahn werfen. Dein Kopf will Feierabend, aber dein Kind hat plötzlich mehr Neugier als ein ganzer Kindergarten voller Forschernaturen.
Ich geb’s zu: Ich hab schon mal gesagt „Weil das eben so ist“. Und ja, ich hab mich dabei gefühlt wie mein Vater früher – der das genauso gesagt hat. In dem Moment willst du dir selbst eine Standpauke halten, aber gleichzeitig denkst du: Ich kann nicht mehr. Und das ist auch okay.
Mein Trick? Gegenfragen und Quatschantworten
Wenn ich merke, dass mein Kind nur noch fragt, um zu fragen, dann steige ich manchmal ins Spiel ein. „Papa, warum fliegt der Vogel?“ – „Weil er keinen Führerschein hat!“ Zack, Kind lacht. Nächstes „Warum?“ – „Weil die Flugschule für Amseln zu teuer ist.“ Und so weiter.
Plötzlich wird aus der Warum-Schleife ein Spiel, und oft bricht das den Bann. Klar, nicht immer. Manchmal kommt das elfte Warum trotzdem. Aber hey – wenigstens lacht einer von uns.
Und wenn’s mal so gar nicht hilft, versuche ich’s mit einer kleinen Pause: „Jetzt sind Papas-Antwort-Akkus leer, wir müssen kurz laden.“ Dabei zieh ich dann Grimassen oder wir machen Quatsch-Sprechpausen. Klingt schräg, funktioniert aber überraschend oft.
Was steckt eigentlich dahinter?
Diese Warum-Phase ist nicht dazu da, um uns Papas in den Wahnsinn zu treiben – auch wenn’s sich so anfühlt. Sie zeigt: Dein Kind will die Welt verstehen. Es merkt, dass es mit Fragen Dinge herausfinden kann. Es sucht nach Zusammenhängen, nach Mustern. Und du bist der wichtigste Erklärbär auf dem Planeten.
Ich hab mal gelesen, dass Kinder in der Hochphase bis zu 400 Fragen am Tag stellen. Kein Witz. Wenn du also das Gefühl hast, dass dein Kopf raucht – dann nicht, weil du empfindlich bist. Sondern weil dein Gehirn Hochleistung fährt. Im Prinzip bist du in dieser Phase nicht nur Vater, sondern auch Lehrer, Entertainer, Seelsorger und wandelndes Lexikon. Und das alles gleichzeitig.
Manchmal frage ich mich, ob mein Kind eigentlich ein Aufnahmegerät eingebaut hat, das prüft, wie oft ich widersprüchlich antworte. „Gestern hast du aber gesagt…“ – Zack, ertappt. Und trotzdem: Diese Gespräche sind Gold wert. Weil sie Nähe schaffen. Weil sie zeigen, dass dein Kind dir vertraut. Und weil sie dich zwingen, Dinge nochmal neu zu sehen. Durch Kinderaugen.
Wann ich auch mal Nein sage
Es gibt Tage, da bin ich durch. Da hab ich zehn Stunden gearbeitet, fünfmal Brei aufgewischt, drei Streits geschlichtet – und wenn dann noch jemand fragt, warum Regen nass ist, sag ich ehrlich: „Weil ich grad keine Lust auf Warum hab.“
Auch okay. Wir sind Menschen, keine Antwort-Maschinen. Ich erklär meinem Kind dann, dass Papas auch mal Pause brauchen. Und erstaunlich oft akzeptiert es das. Oder fragt dann einfach die Mama. Oder die Alexa. Oder die Katze – die guckt dann wenigstens verständnisvoll.
Ich hab gelernt, dass es wichtig ist, ehrlich zu sein. Nicht pampig, sondern liebevoll klar: „Ich freu mich, wenn du mich Sachen fragst, aber mein Kopf braucht kurz Ruhe. Danach geht’s weiter.“ Und manchmal redet dann einfach keiner. Was auch mal schön ist.
Und dann gibt’s diese Momente…
…wo die Warum-Fragen mitten ins Herz treffen. „Papa, warum hab ich dich lieb?“ – Zack, Gänsehaut. Oder: „Papa, warum war Oma so nett?“ – und du sitzt da mit einem dicken Kloß im Hals.
Diese Fragen erinnern mich daran, warum ich das alles mitmache. Weil da ein kleiner Mensch vor mir sitzt, der denkt, fühlt, fragt – und wächst. Und weil ich dabei sein darf. Auch wenn ich manchmal lieber im Bett liegen würde. Auch wenn mein Kaffee kalt geworden ist. Auch wenn ich das Gefühl habe, ich hab heute schon zwanzig Mal das Wort „Wolke“ erklärt.
Und weißt du was? Es ist jedes Mal wieder besonders. Weil ich weiß, diese Phase geht vorbei. Und irgendwann fragt mich keiner mehr, warum die Gabel vier Zacken hat oder wieso der Mond der Erde nicht auf den Kopf fällt. Dann werde ich diese Gespräche vermissen.
Fazit: Zwischen Nerv und Magie
Die Warum-Phase ist wie eine lange Autofahrt mit schlechter Musik: sie nervt, sie zieht sich, aber sie bringt euch irgendwohin. Mein Tipp: Atme durch, nimm nicht jede Frage zu ernst – und genieß die Reise. So lange dein Kind noch fragt, bist du der Held seiner kleinen Welt. Und das ist doch irgendwie schön, oder?
Oder um es mit einem Augenzwinkern zu sagen: Wenn dein Kind zum zehnten Mal fragt „Warum?“, dann sag einfach: „Weil Papas dafür gebaut wurden.“ Und dann nimm es in den Arm.