Ich erinnere mich noch gut: Es war unser erster Besuch im Babymarkt. Überfordert ist gar kein Ausdruck. Zwischen 35 Sorten Fläschchen, blinkenden Babyphones und zig verschiedenen Wickeltaschen hatte ich das Gefühl, ich müsste eine Ausbildung absolvieren, bevor ich überhaupt Windeln kaufen darf. Und irgendwo dazwischen kam der Gedanke: Braucht ein Baby das alles wirklich?
Das erste Kind – der Einkaufsmarathon beginnt
Wie viele andere haben wir beim ersten Kind alles mitgenommen, was nicht bei drei aus dem Regal gefallen ist. Drei verschiedene Cremes, zehn Bodys pro Größe, ein Hightech-Wickeltisch mit integrierter Spieluhr – du kennst das vielleicht. Und dann kam die Realität: Unser Baby brauchte vor allem Nähe, Milch, Wärme und unsere Aufmerksamkeit.
Das, was wirklich jeden Tag im Einsatz war, passte in eine kleine Kiste. Alles andere wanderte nach und nach in den Keller – oder auf eBay. Und mit jeder ausgemisteten Sache wurde uns klar: Wir hatten uns treiben lassen. Vom Überangebot. Vom Wunsch, alles richtig zu machen. Und vielleicht auch von ein bisschen Angst, nicht vorbereitet zu sein.
Mein Learning: Minimalismus = Freiheit (und weniger Wäsche)
Beim zweiten Kind wurde ich mutiger. Und minimalistischer. Ich stellte mir bei jedem Teil die Frage: Ist das wirklich nötig – oder nur „nice to have“? Plötzlich war da Platz. In der Wohnung. Im Kopf. Und sogar im Geldbeutel.
Was ich behalten habe:
- Kleidung in begrenzter Zahl: 6 Bodys, 4 Strampler, 2 Jäckchen – fertig. Reicht.
- Beistellbett und Schlafsack statt Gitterbett mit Deko-Krimskrams.
- Eine Wickelauflage auf der Kommode – kein Designer-Wickelparadies.
- Ein Fläschchen, auch wenn gestillt wird – für Notfälle.
- Ein Tragetuch – unsere beste Anschaffung überhaupt.
Was ich weggelassen habe:
- Windeleimer mit Geruchsfilter (normale Mülltüte geht auch)
- Heizstrahler über dem Wickeltisch (Kuscheldecke reicht)
- Babybadewanne (Waschbecken oder großer Eimer tun’s auch)
- Babyphone mit Kamera und Atemüberwachung (ein einfaches reicht vollkommen)
- Wickeltasche mit zwölf Fächern (ein normaler Rucksack tut’s auch)
Und das Schönste: Es fühlte sich kein bisschen wie Verzicht an. Eher wie Erleichterung. Weil wir nicht ständig zwischen Optionen entscheiden mussten, sondern einfach im Moment sein konnten.
Was wirklich zählt – aus Papa-Sicht
Wenn ich eins gelernt habe, dann das: Babys brauchen keine Berge von Zeug. Sie brauchen dich. Deinen Blick. Deine Stimme. Deine Arme. Und ja, auch mal ein Spucktuch – aber nicht zwanzig.
Mit weniger Dingen hatten wir mehr Zeit füreinander. Ich war nicht damit beschäftigt, das fünfte Outfit des Tages zu suchen. Sondern konnte einfach da sein. Für mein Kind. Für meine Frau. Und irgendwie auch für mich.
Weniger Besitz hat uns auch geholfen, flexibler zu sein. Wir konnten leichter packen, leichter umziehen, leichter umorganisieren. Nichts hat uns belastet – weder physisch noch mental. Klingt vielleicht kitschig, aber: Der minimalistische Weg hat mich als Papa freier gemacht.
Minimalistisch – aber vorbereitet
Versteh mich nicht falsch: Vorbereitung ist wichtig. Aber nicht, um jede Eventualität mit dem passenden Gadget zu erschlagen. Sondern um zu wissen, was wirklich hilft. Und dafür reicht oft eine Handvoll Dinge.
Und ja, wir mussten später noch etwas dazukaufen. Aber das war okay. Weil wir dann wussten, warum. Weil wir Erfahrungen gesammelt hatten. Weil das Baby uns gezeigt hat, was es wirklich braucht. Spoiler: Es war kein Heizstrahler.
Außerdem hat uns der minimalistische Ansatz geholfen, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren: unser Kind. Wir konnten viel besser beobachten, wie es sich entwickelt. Was ihm guttut. Was es liebt. Und was es nicht mag.
Minimalismus als Familienkonzept
Unser minimalistischer Start hat übrigens auch unseren Familienalltag geprägt. Wir haben angefangen, bei anderen Dingen bewusster hinzuschauen: Spielzeug, Kleidung, sogar Urlaubsplanung. Statt Masse lieber Klasse. Statt fünf Spielzeugen ein gutes, das geliebt wird.
Unsere Wohnung ist seither aufgeräumter. Unser Alltag ruhiger. Und unsere Entscheidungen klarer. Nicht, weil wir perfekt sind. Sondern weil wir weniger Entscheidungen treffen müssen. Weil das, was da ist, seinen festen Platz hat – und eine Aufgabe erfüllt.
Auch für unsere Kinder ist das spürbar: Sie wirken oft entspannter. Vielleicht, weil auch sie nicht ständig mit Reizen überflutet werden. Vielleicht, weil sie spüren, dass es nicht viel braucht, um sich wohlzufühlen.
Papa-Tipp für alle, die’s ausprobieren wollen
Wenn du das Gefühl hast, du wirst gerade vom Babyangebot erschlagen – atme kurz durch. Mach dir eine einfache Liste. Was brauchst du wirklich in den ersten vier Wochen? Was könnt ihr leihen? Was könnt ihr improvisieren? Und was kann warten?
Sprich mit anderen Eltern. Schau, was bei ihnen wirklich zum Einsatz kam. Und trau dich, eigene Entscheidungen zu treffen – auch wenn sie gegen den Strom gehen. Denn du weißt am besten, was zu euch passt.
Und falls du trotzdem mal im Babymarkt stehst und ins Schwitzen kommst: Geh raus. Hol dir einen Kaffee. Und frag dich: „Braucht mein Baby das? Oder denke ich nur, dass ich es brauche?“
Fazit: Weniger ist mehr – und viel entspannter
Mein Papa-Tipp: Lass dich nicht verrückt machen. Weder vom Babymarkt noch von perfekt inszenierten Instagram-Kinderzimmern. Schau, was zu euch passt. Und trau dich, Dinge wegzulassen.
Denn am Ende wirst du nicht sagen: „Hätten wir bloß noch diesen Babydampfreiniger gehabt.“ Sondern: „Wie schön, dass wir einfach Zeit miteinander hatten.“
Und genau darum geht’s doch.