Papa-KolumneKolumnen & KommentarePapas im Supermarkt – warum wir (gefühlt) immer beobachtet werden

Papas im Supermarkt – warum wir (gefühlt) immer beobachtet werden

Ein ganz normaler Einkauf – und doch fühlen wir uns wie auf der Bühne.

Ich stand mal wieder ratlos vorm Joghurtregal. In der einen Hand mein Sohn, der unaufhörlich „Kekse!“ forderte, in der anderen den Einkaufszettel, den meine Frau mir hastig auf einem Stück Altpapier mitgegeben hatte. „Den guten Naturjoghurt, Schatz. Du weißt schon welchen.“ Nein. Wusste ich nicht. Ich wusste, dass es 12 Sorten Naturjoghurt gibt. Und dass ich gefühlt bei jeder Sorte von irgendwem beäugt werde, wenn ich mit Kind einkaufen bin. Willkommen im Abenteuerland „Papa im Supermarkt“.

Der Blick – subtil, aber deutlich

Vielleicht kennst du ihn auch. Diesen Blick von der älteren Dame im Gang 3. Oder vom Vater, der allein Chips lädt und ein wenig mitleidig zu dir rüberschaut. Oder – am häufigsten – von der Mutter, die offensichtlich seit Jahren mit ihren drei Kindern jede Sorte Apfelsorte nach Saison sortieren kann. Dieser Blick, der zwischen Mitleid, Skepsis und einem leichten Schmunzeln schwankt. So als wollten sie sagen: „Na, na, ob der Papa das wohl hinkriegt?“


Ich will’s gleich klarstellen: Die meisten meinen das nicht böse. Es ist eher so eine gesellschaftlich tief verwurzelte Erwartungshaltung. Als wäre ein Vater mit Kind beim Einkaufen immer noch etwas Besonderes. Als wäre das nicht Alltag, sondern Ausnahmezustand. Und je öfter ich das erlebe, desto mehr frage ich mich: Wie lange dauert es eigentlich noch, bis wir Väter genauso selbstverständlich in der Öffentlichkeit mit Kindern agieren können wie Mütter?

Denn Fakt ist: Wir sind längst angekommen. Nur gesehen werden wir oft nicht so. Oder besser gesagt: Wir werden gesehen – aber durch eine Linse, die uns nicht als gleichwertige Elternteile, sondern als Ausnahmen im System betrachtet.

Papa und der Einkaufswagen – eine fragile Beziehung

Der Einkaufswagen ist mein ständiger Gegner. Erstmal dieses Ding aus der Schlange kriegen. Dann ein Eurostück finden. Dann das Kind anschnallen – was meist mit einem mittellauten Protest beginnt. „Ich will LAUFEN!“ heißt es dann. Klar. Mitten im Supermarkt. Ich sehe mich schon jetzt durch die Regalreihen sprinten.

Sobald ich dann also mit schreiendem Kind und klapperndem Wagen durch die Gemüseabteilung fahre, spüre ich die ersten Blicke. Manche bewundernd. Manche irritiert. Und dann kommt sie, die erste kleine Hürde: Der Einkaufszettel.

Meine Frau ist fantastisch – aber sie schreibt Einkaufszettel mit kryptischen Abkürzungen. „Hafer, aber der von der blauen Packung, nicht die kleinen Flocken.“ Klar, logisch. Und ich? Frage mich, ob ich jetzt den Bio-Hafer oder den mit den großen Körnern nehme. Mein Kind hängt mittlerweile halb über dem Wagen und greift nach einer Packung Gummibärchen.

Es ist dieser Moment zwischen Alltagsverzweiflung und Improvisationstalent, in dem du merkst: Einkaufen mit Kind ist nicht nur eine Besorgung. Es ist eine Disziplin. Mit kleinen Prüfungen, die du entweder mit Geduld oder Galgenhumor bestehst.

Zwischen Babybrei und Alltagsbeobachtung

Ich hätte nie gedacht, dass ein Supermarktbesuch so viele Ebenen haben kann. Logistisch. Emotional. Gesellschaftlich. Denn plötzlich merkst du: Du bist nicht nur Papa. Du bist Papa in der Öffentlichkeit. Und alle haben eine Meinung dazu.

Da gibt’s die Sorte „Ratgeberin“, die ungefragt Tipps gibt: „Also ich nehme immer den Brei von XY, der ist viel gesünder.“ Oder die „Supermarkt-Oma“, die dein Kind fragt, ob es dem Papa schon beim Einkaufen hilft – mit einem Seitenblick auf dich, als ob sie die Antwort schon kennt. Oder der freundliche Herr an der Fleischtheke, der dir ungefragt erzählt, dass er seine Kinder nie mit zum Einkaufen genommen hat, weil „das ja nichts für Männer ist“.

Ich lächle dann. Sage Danke. Oder nicke einfach freundlich. Aber innerlich frage ich mich: Warum eigentlich? Warum fühlt sich das alles an, als würde ich gerade einen Eignungstest bestehen müssen?

Es ist nicht so, dass ich nicht zurechtkomme. Es ist eher das Gefühl, ständig beobachtet zu werden. Als müsste ich permanent beweisen, dass ich das auch kann. Dass ich als Papa nicht nur „hilfreich“ bin, sondern kompetent. Verantwortlich. Alltagsfähig.

Das Dilemma mit dem Kassenband

Spätestens an der Kasse wird’s dann richtig spannend. Kind schreit. Ich schwitze. Das Obst fällt aus dem Netz. Die Kassiererin fragt, ob ich Payback habe – mein Kopf schreit „Nein!“, mein Kind „Jaaaa!“. Ich versuche, alles aufs Band zu bekommen, während ich mit einem Fuß den Einkaufswagen stoppe, der sich selbstständig gemacht hat.

Dann kommt noch der Klassiker: „Wollen Sie das wirklich alles tragen?“ Nein, will ich nicht. Aber ich tu’s. Weil ich’s kann. Oder zumindest glaube, dass ich’s schaffen muss. Denn jetzt aufgeben? Kommt nicht in Frage.

Und auch hier: Blicke. Manche helfen. Manche gucken einfach nur. Aber alle nehmen irgendwie wahr, dass da gerade „ein Papa mit Kind“ einkauft. Und das sagt viel. Vor allem, wie wenig selbstverständlich es anscheinend noch ist, dass Männer diese Aufgaben übernehmen.

Warum wir Papas das trotzdem tun (und lieben)

Trotz all dieser Situationen mache ich es immer wieder. Ich gehe mit meinem Kind einkaufen. Weil es zum Alltag gehört. Weil ich es kann. Weil ich zeigen will, dass das normal ist. Und weil ich dabei auch viel lerne.

Ich lerne, Geduld zu haben. Ich lerne, dass ich nicht immer den perfekten Joghurt treffe. Ich lerne, dass es okay ist, mal Hilfe zu brauchen. Ich lerne, dass mein Kind mich ernst nimmt – auch wenn ich gerade nicht weiß, in welchem Gang die H-Milch steht.

Und ich lerne, dass ich als Papa Verantwortung nicht nur übernehmen kann, sondern auch sichtbar tragen darf. Auch im Supermarkt. Und das bedeutet mehr als nur Aufgaben erfüllen. Es bedeutet, präsent zu sein. Echt. Nah. Nicht als Ausnahmeerscheinung – sondern als ganz normaler Teil vom Familienleben.

Sichtbarkeit schafft Veränderung

Jeder dieser Einkäufe ist ein kleiner Schritt. Nicht nur für mich. Auch für die Gesellschaft. Denn je mehr Väter mit ihren Kindern einkaufen, desto normaler wird es. Desto weniger wird geguckt, gemurmelt, kommentiert. Desto mehr wird es einfach Alltag.

Ich will, dass mein Kind aufwächst in einer Welt, in der ein Papa mit Einkaufswagen nichts Besonderes ist. In der Papa sein nicht mit „hilft mit“, sondern mit „macht mit“ gleichgesetzt wird. In der Eltern gleichberechtigt Alltag teilen – ohne verwunderte Blicke.

Und Sichtbarkeit bedeutet nicht: Wir brauchen Applaus. Es bedeutet: Wir brauchen Normalität. Einen Alltag, in dem es völlig egal ist, wer das Kind durch die Gänge schiebt, wer den Einkaufszettel liest oder wer am Ende die Tüte trägt.

Humor als Überlebensstrategie

Natürlich – ein bisschen Humor hilft. Wenn ich zum dritten Mal am Kühlregal vorbeilaufe, weil ich wieder die Butter vergessen habe. Wenn mein Kind im Einkaufswagen laut pupst und „Papa war’s!“ ruft. Wenn ich mit zwei Tüten voll Babybrei, Snacks und Duschgel nach Hause komme – und trotzdem das Wichtigste vergessen habe: den Kaffee.

Dann lache ich. Über mich. Über die Situation. Und manchmal auch über den Moment, wenn meine Frau fragt: „Hat gut geklappt, Schatz?“ und ich sage: „Klar. Ganz easy.“ Dabei weiß ich: Jeder Einkauf ist ein Mini-Abenteuer. Und ich bin mittendrin.

Vielleicht sollte ich mir angewöhnen, all das nicht als Herausforderung, sondern als Chance zu sehen. Als Möglichkeit, neue Seiten an mir kennenzulernen. Improvisationstalent. Geduld. Und diese Fähigkeit, auch im größten Chaos noch den Einkaufschip zurückzubringen.

Fazit: Ja, wir werden (noch) beobachtet – aber das darf sich ändern

Papas im Supermarkt sind (noch) auffällig. Aber das ist okay. Denn mit jedem Einkauf verändern wir ein bisschen was. In uns. In der Wahrnehmung. Im Alltag.


Also: Lasst uns sichtbar bleiben. Lasst uns lachen, wenn’s schiefgeht. Lasst uns Hilfe annehmen, wenn wir sie brauchen. Und lasst uns stolz sein, wenn wir mit Kind, Einkaufszettel und halbwegs intakter Selbstachtung aus dem Laden kommen.

Denn eins ist klar: Wir gehören dazu. Auch zwischen Joghurtregal und Kassenband. Und irgendwann – da bin ich sicher – wird keiner mehr zweimal hinschauen, wenn ein Vater mit seinem Kind durch die Supermarktgänge schiebt. Weil es dann endlich das ist, was es sein soll: ganz normal.

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