Papa-KolumneLeser erzählen: Papas berichtenMein Leben als Papa in Elternzeit – ehrlich und ungefiltert

Mein Leben als Papa in Elternzeit – ehrlich und ungefiltert

Wenn plötzlich der Anzug gegen Spucktuch getauscht wird – und du feststellst, dass beides ziemlich viel Haltung braucht

Ich dachte, ich bin vorbereitet. Wirklich. Ich hatte die Elternzeit durchgeplant wie ein Projekt im Job. Excel-Tabelle mit Terminen, To-dos, Tagesabläufen. Eine Mischung aus Stolz und Naivität. Und dann kam der erste Tag – und mein Plan fiel schneller auseinander als ein Turm aus Bauklötzen im Wohnzimmer. Willkommen im echten Papa-Leben. Willkommen in der Elternzeit.

Was du jetzt liest, ist kein Hochglanzbericht mit Instagram-Filtern. Es ist ein ehrlicher Einblick in das, was es wirklich heißt, als Vater in Elternzeit zu sein. Zwischen Windeln, Stillproblemen, Spielplatzdramen und ganz viel Liebe.

Die Entscheidung: Warum überhaupt Elternzeit?

Wenn ich zurückdenke, war es ein Bauchgefühl. Ich wollte nicht der Papa sein, der abends nach Hause kommt und fragt: „Na, was habt ihr heute gemacht?“ Ich wollte dabei sein. Richtig dabei. Nicht am Rand, sondern mittendrin. Und ja, vielleicht wollte ich auch etwas wieder gutmachen – weil ich bei unserem ersten Kind viel zu oft nur auf dem Sprung war.

Die Entscheidung zur Elternzeit fiel nicht über Nacht. Es war ein Prozess. Gespräche mit meiner Frau, Absprachen mit dem Arbeitgeber, Blicke auf den Kontostand. Aber am Ende war klar: Wenn ich es jetzt nicht mache, dann vielleicht nie.

Der erste Tag – zwischen Euphorie und Überforderung

Ich erinnere mich genau: Der erste Morgen meiner Elternzeit begann mit einer vollen Windel, einem leerem Kaffee und einem Baby, das plötzlich nicht mehr schlafen wollte, obwohl es sonst immer um die Uhrzeit geschlafen hatte. Ich stand da, halb wach, mit Spucktuch auf der Schulter und fragte mich: „Und jetzt?“

Ich hatte unterschätzt, wie anstrengend es ist, einfach nur da zu sein. Ohne Meetingstruktur, ohne Team, ohne Pause. Das Kind bestimmt den Rhythmus. Und der ist manchmal gnadenlos. Ich lernte schnell, dass es keine festen Pläne gibt – nur Tagesverläufe, die sich spontan ändern. Mal wegen Zahnungsschmerzen, mal wegen Kackexplosionen, mal einfach so.

Der Alltag – ein neuer Taktgeber

Elternzeit bedeutet für viele Männer vor allem eins: raus aus der Komfortzone. Während meine Kollegen über neue Projekte sprachen, diskutierte ich mit mir selbst, wie man Karottenflecken aus dem Body kriegt. Mein Kalender bestand plötzlich aus Brei-Zeiten, Schläfchen-Fenstern und der Frage: Wann dusche ich eigentlich?

Ich lernte, dass zehn Minuten Mittagsschlaf Gold wert sein können. Dass man mit einer Hand erstaunlich viel erledigen kann, während das Kind auf dem anderen Arm schläft. Und dass Spielplätze gleichzeitig Rettung und Folter sein können – je nach Müdigkeitslevel.

Besonders prägend: die Blicke der anderen Eltern. Ja, liebe Mamas, ihr habt recht. Männer auf Spielplätzen sind noch immer Exoten. Ich war mal der einzige Papa in einem Eltern-Kind-Kurs – und wurde behandelt wie ein seltenes Tier. Zwischen neugierigen Blicken und bewundernden Kommentaren („Wow, Sie machen das ja richtig gut!“ – als ob ich ein Haustier zum Tierarzt geführt hätte) war alles dabei. Irgendwann wurde es mir egal. Ich war da für mein Kind. Punkt.

Was ich über mein Kind gelernt habe

In der Elternzeit habe ich mein Kind wirklich kennengelernt. Nicht nur als Baby, sondern als Persönlichkeit. Ich kenne seine Blicke, bevor die Tränen kommen. Ich weiß, welches Lied ihn beruhigt. Ich kann seine Laute deuten wie ein Dolmetscher. Und ich weiß: Diese Verbindung wäre ohne diese intensive Zeit nie so entstanden.

Wir haben Rituale entwickelt. Gemeinsames Frühstück – auch wenn es mehr auf dem Boden als im Mund landet. Tägliche Spaziergänge – bei jedem Wetter. Und abendliche Einschlaflieder, die inzwischen fast schon ein privates Konzert sind. Diese kleinen Momente, in denen man sich anschaut und einfach spürt: Ich bin dein Papa. Und du bist mein Kind. Das ist echtes Leben.

Was ich über mich gelernt habe

Ich hätte nie gedacht, wie viel Geduld in mir steckt. Oder wie wenig. Je nachdem. Ich habe Seiten an mir entdeckt, die mich überrascht haben. Eine tiefe Fürsorglichkeit. Eine emotionale Offenheit, die ich vorher selten gezeigt habe. Aber auch Unsicherheiten, Zweifel, manchmal Wut – auf mich selbst, auf den Tag, auf die Müdigkeit.

Es gab Tage, da war ich überfordert. Da habe ich mich gefragt: „Bin ich gut genug?“ Und dann gab es diese kleinen Momente: ein Lächeln, ein Händedruck, ein erstes Wort. Und plötzlich war alles wieder da – das Vertrauen, die Liebe, die Kraft. Elternzeit ist kein Wellnessurlaub. Es ist Arbeit. Emotionale, körperliche, mentale Arbeit. Aber sie lohnt sich. Immer.

Die Partnerschaft – ein neues Gleichgewicht

Ein nicht unwichtiger Punkt: Die Beziehung zur Partnerin verändert sich. Wenn man plötzlich zu zweit in der Babyblase steckt, gibt es Reibung. Diskussionen über Schlafrhythmen, Breirezepte, Windelmarken. Aber auch neue Nähe. Gemeinsames Staunen, gemeinsames Scheitern, gemeinsames Wachsen.

Ich habe verstanden, wie viel meine Frau in den Monaten zuvor geleistet hat. Und ich habe gelernt, dass Gleichberechtigung nicht heißt, alles gleich zu machen – sondern gemeinsam zu tragen, was geht. Und ehrlich zuzugeben, wenn’s gerade nicht geht.

Die Gesellschaft – Erwartungen und Vorurteile

Als Vater in Elternzeit wirst du bewundert – und belächelt. Manche finden es toll. Andere finden es „mutig“. Wieder andere sagen gar nichts – und schauen einfach irritiert. Ich hatte Gespräche, in denen man mir ernsthaft sagte: „Na, genießt du deinen Urlaub?“ Urlaub? Wenn das Urlaub ist, möchte ich bitte wieder in die Hölle zurück.

Ich finde, es braucht mehr Väter, die ihre Elternzeit nicht nur nehmen, sondern auch zeigen. Offen darüber reden. Nicht als Helden, sondern als Menschen. Weil es normal sein sollte. Nicht besonders. Sondern selbstverständlich.

Und was ist mit der Karriere?

Ja, ich hatte Sorgen. Wird mein Team ohne mich klarkommen? Wird mein Chef mich noch ernst nehmen? Verpasse ich den Anschluss? Die Wahrheit ist: Ja, ein bisschen schon. Aber auch: Nein. Die Welt dreht sich weiter – aber nicht so schnell, wie man denkt.

Ich kam zurück mit neuen Fähigkeiten. Organisationstalent, Stressresistenz, Empathie – alles Skills, die im Berufsleben Gold wert sind. Und mit einem anderen Blick auf das, was wirklich wichtig ist. Karriere ist kein Sprint. Sie ist ein Marathon. Und manchmal macht eine Pause den Unterschied.

Die Rückkehr – bittersüß und voller Fragen

Als meine Elternzeit zu Ende ging, hatte ich gemischte Gefühle. Einerseits freute ich mich auf Kollegen, Projekte, Mittagessen ohne Kleckerei. Andererseits wusste ich: Ich lasse etwas zurück. Etwas Echtes, Intimes, Unersetzliches.

Die erste Woche zurück im Job war wie ein Kulturschock. Keine Windeln, keine Liedchen, keine spontanen Umarmungen. Dafür: Mails, Meetings, Multitasking. Aber ich hatte etwas im Gepäck, das mir keiner mehr nehmen kann: Erinnerungen. Erlebnisse. Und eine Verbindung zu meinem Kind, die tiefer geht als alles, was ich mir vorher vorstellen konnte.

Mein Fazit – und was ich anderen Papas sagen will

Wenn du überlegst, Elternzeit zu nehmen: Mach es. Ja, es wird anstrengend. Ja, es wird chaotisch. Ja, du wirst dich manchmal fragen, ob du das kannst. Aber du wirst es können. Weil du wächst. Weil du lernst. Und weil du etwas bekommst, das unbezahlbar ist: Zeit mit deinem Kind.

Diese Zeit formt nicht nur dein Kind – sie formt auch dich. Du wirst zurückblicken und sagen: Das war hart. Aber es war richtig. Und vielleicht wirst du – so wie ich – irgendwann mit einem Lächeln sagen: Ich war da. Ganz. Echt. Und das war das Beste, was ich je gemacht hab.

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